MwSt. und Rundungen? Warum diese Themen bei fast allen B2B eCommerce Projekten unterschätzt werden

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MwSt. und Rundungen? Warum diese Themen bei fast allen B2B eCommerce Projekten unterschätzt werden
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MwSt. und Rundungen? Das soll ein Thema sein?

Wir erleben es immer wieder, dass Kunden trotz aller Vorbereitung für essentielle Themen, die in einem B2B eCommerce Projekt auftauchen können, nicht sensibilisiert sind. Daraus habe ich mir zwei typische Vertreter ausgesucht. Zum einen das Thema Rundungsdifferenzen und zum anderen das Thema Mehrwertsteuer. Eigentlich sollte beide Themen doch wohl kein Problem sein, oder?

Ein Beispiel – Das Thema Rundungen

Schauen wir uns ein einfaches Beispiel an, um das Problem zu verdeutlichen. Stellen Sie sich vor, Sie verkaufen kleine günstige Artikel die pro Stück 0,013€ kosten. Wenn ich von diesen Artikeln 1000 Stück kaufe, dann kosten mich diese 1000 Stück in Summe 13.- €. Eigentlich ist das eine glatte Zahl. Gucken, wir uns aber den Einzelpreis des Artikels noch mal an. Der beträgt 0,013€. Wir arbeiten also hier mit drei Nachkommastellen. Wenn ich jetzt den Preis dieses Artikels kaufmännisch würde ich auf den Preis 0,01 € kommen. Wenn ich davon 1000 Stück bestellen würde, würden mich die 1000 Artikel nicht 13.-€ kosten, sondern nur 10.- € kosten.

Man merkt also, dass die Nachkommastellen durchaus einen erheblichen Einfluss auf die Berechnung haben. Und das ist nicht ganz trivial, weil es tatsächlich auch Zahlen gibt, die haben unendlich viele Nachkommastellen. Ich möchte mal ein Beispiel nennen, von einer Zahl, bei der das so ist, nämlich die Zahl PI. Die kennen Sie vermutlich alle noch aus dem Mathematikunterricht 3.14159… laut sie. Und diese Zahl hat eben unendlich viele Nachkommastellen. Wenn Sie Rabatte geben und das ist im B2B Bereich eigentlich üblich, kommen da schnell Preise mit mehr als 2 Nachkommastellen raus. Bleiben wir bei dem obigen Beispiel. Wenn ich auf diesen Artikel, der in meinem ersten Fall 0,013€ kostet, 10% Rabatt gebe und davon 1000 Stück bestelle, lande ich bei 11,70€. Der Kunden hat somit 1,30€ als Rabatt bekommen. Wenn ich jetzt aber runde ist es erheblich wo ich runde. Wenn ich auf den Artikelpreis von 0,013€ ohne Rabatt runde, komme ich auf 0,01€. Warum ich darauf 10% Rabatt gebe, dann würde ich bei 0,009€ landen. Wenn ich diese Zahl direkt runde, wäre ich wieder bei 0,01€. In diesem Fall hätte der Kunde somit gar keinen Rabatt bekommen.

Die Frage an welcher Stelle ein Rabatt angewendet wird oder wann er berechnet wird, ist also essenziell und unmittelbar mit der Anzahl der Nachkommastellen verknüpft. Was also passieren muss ist, das Sie sich vor Ihrem Projekt im Klaren darüber werden müssen, mit wie vielen Nachkommastellen Ihr ERP System (Produktdatenpflege im Shop – ERP oder PIM?) arbeitet, wann Rabatte berechnet werden und wann bei Ihnen im ERP gerundet wird. Rundung und Rabattberechnung müssen zwischen ERP und Online-Shop identisch sein. Das unangenehme bei dem Thema ist, das man es nicht direkt sieht. Rundungsprobleme tauchen nur ab und zu auf. Sie sind eben ein verstecktes Problem, welches man nicht offensichtlich sieht. Erschwert wird es noch dadurch, dass die Zahldarstellung üblicherweise immer mit zwei Nachkommastellen erfolgt.

Sie müssen somit ganz genau hinschauen, an welchen Stellen die Berechnung vom Online-Shop und ERP System sich unterscheiden. Tun Sie das nicht, kann es Ihnen passieren, dass ein Kunde für den gleichen Artikel in der gleichen Anzahl unterschiedliche Rechnungen mit unterschiedlichen Preisen bekommt. Das aufzulösen ist i.d.R. sehr aufwendig.

Alternativ könnten Sie natürlich auch festlegen, dass der Shop gar nicht rechnet. Er würde dann alles vorgerechnet aus dem ERP bekommen. Das ist aber nur eine theoretische Option, von der ich dringend abraten würde. Online-Shops sind darauf ausgelegt, Positionssummen und Warenkorbsummen selbstständig zu berechnen. Das lässt sich ihnen auch nur sehr schwer abgewöhnen und entspricht einem massiven Eingriff in das System, was auf Dauer zu hohen Wartungs- und Migrationskosten führt. Grundsätzlich gibt es aber nur zwei Möglichkeiten, wie jetzt gerundet wird. Entweder runden Sie auf Positionssummen und addieren diese zur Gesamtsumme eines Warenkorbs oder Sie runden die Positionssumme nicht, sondern addieren die nicht gerundeten Summen und runden erst auf Basis der Warenkorbsumme.

Beide Verfahren sind weder richtig noch falsch. Sie führen aber eben leider nur zu unterschiedlichen Ergebnissen, so das Sie sich für einen Weg entscheiden müssen.

Die MwSt. – Das ist doch wohl Standard, oder?

Leider nein. Es gibt einen kleinen, aber feinen Unterschied im Umgang mit der Berechnung der Mehrwertsteuer, die in fast allen Online-Shops drin ist. Typischerweise wird in einem ERP System die Mehrwertsteuer auf der Basis der Nettosumme berechnet. Das macht der Shop im Wesentlichen auch, aber mit einem zentralen Unterschied. Er berechnet nämlich die Mehrwertsteuer zweimal. Zum einen bezogen auf den Warenkorb und zum anderen bezogen auf die Zusatzkosten, die sich aus der Bestellung ergeben, wie z.B. Versandkosten.

Anschließend werden diese beiden Mehrwertsteuersummen addiert und ergeben dann den gesamten Mehrwertsteuerbetrag für eine Bestellung. Sie ahnen schon wo das Problem liegt, oder?. Wenn ich zweimal berechne, muss ich zweimal runden. Wenn ich zweimal runde, kann ich Abweichungen bekommen und wir sind wieder beim Thema Runden.

Jetzt gibt es aber noch die Problematik der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze. Das ist im B2B Bereich zwar nicht unbedingt üblich, sondern eher im B2C, aber uns gibt es einige Kunden, die ein B2B Geschäft haben und trotzdem unterschiedliche MwSt. Sätze haben. Natürlich ist auch hier das Thema Rundungen interessant, aber es gibt noch ein weiteres Problem. Nämlich, nach welchem Mehrwertsteuersatz ich die Versandkosten oder Zusatzkosten berechne. Jetzt würde man erwarten, das ist doch bestimmt in Deutschland einheitlich geregelt. Leider ist das nicht so! Es gibt hier verschiedene Verfahren, die Sie wählen können.

  1. Ich ermittle die Warenkorbsumme, schaue mir die Positionen an, ermittele die Artikel, die mit 7 % Mehrwertsteuer besteuert werden und die, die mit 19 % Mehrwertsteuer besteuert werden, und teile meine Versandkosten anteilig auf. Das bedeutet, das ich die Versandkosten sowohl mit 7 % als auch mit 19 % anteilig berechne.
  2. Es gibt aber auch das Verfahren, das sich am höheren Wertanteil orientiert. Wenn im Warenkorb die Summe der Artikel mit 7 % überwiegen, dann berechne ich die Versandkosten auch mit 7 %. Wenn es die Artikel mit 19 % sind, berechne ich die Versandkosten mit 19 %.
  3. Aber es gibt noch ein dritte Methode, die besagt, das die Versandkosten grundsätzlich mit 19 % besteuert werden.

Nach meiner Kenntnis, und wohlgemerkt ich bin kein Steuerberater, habe ich zumindest gehört, dass alle Verfahren steuerrechtlich in Ordnung sind. Das Problem ist, dass wir prüfen müssen, wie ist es denn in Ihrem Shop berechnet wird. Und auch hier gilt, die Verfahren müssen identisch sein, um Abweichungen zu vermeiden.

Gerade bei ausländischen Online-Shop Systemen, z.B. eine amerikanischer Software, ist es häufig so, dass sie die Spitzfindigkeit in unserer Steuergesetzgebung nicht unbedingt perfekt beherrschen. Und da lohnt es sich, im Vorfeld auch noch mal genauer hinzugucken. Wir haben in Projekten schon die gesamte Mehrwertsteuerberechnungen umstellen müssen, um identische Verfahren zu implementieren, so dass die Mehrwertsteuerberechnung für Warenkörbe für gemischte Waren identisch ist, zu dem wie es im ERP läuft. Sicherlich sehr aufwendig, aber es gab an der Stelle keine Alternative. Bereiten Sie sich deshalb besser vor, um keine böse Überraschung zu erleben.