Internationalisierung – Viele Kunden möchten ihren Vertrieb gerne mithilfe ihrer digitalen Vertriebsprozesse ausbauen. Das funktioniert prinzipiell sehr gut, denn digitale Vertriebsprozesse skalieren sehr gut, wenn sie gut umgesetzt sind. Die meisten Kunden versuchen dabei international zu skalieren.
Wenn man das tun möchte, ist es aber wichtig nicht nur die Prozesse, sondern auch die Inhalte zu internationalisieren. Dabei ist jedoch einiges mehr als „nur“ Übersetzungen zu berücksichtigen.
International Produkte richtig benennen
Vielleicht ist Ihnen bekannt, wie Coca Cola um 1920 versucht hat in den chinesischen Markt zu kommen. Die haben sich an der phonetischen Aussprache von Coca Cola orientiert. Das bedeutet im chinesischen aber „Einen durstigen Mund und einen Mund voller Kerzenwachs“. Ähnliche Beispiel gibt es zu Automarken, die bei der Wahl Ihrer Modellnamen nicht immer das glücklichste Händchen hatten. Man merkt, dass man sich sehr schnell einfach selber Nachteile durch Unwissenheit schafft, die den Marktzugang unnötigerweise erheblich erschweren. Ein positives Beispiel, ist Automarke BMW. Denn die phonetische Übersetzung von BMW bedeutet auf chinesisch „kostbares Pferd“, und das ist sicherlich eher ein positives Bild.
Wenn ich mich nun hinreichend drum gekümmert habe, dass meine Marke, meine Produkte eben auch in der in meinem neuen Zielmarkt auch entsprechend gut kommunizierbar sind, ist ein wichtiger Teil geleistet aber längst noch nicht alles.
Das richtige Design für die Zielgruppe
Das Empfinden für Gestaltung ist international sehr unterschiedlich. Als Beispiel welchen Einfluss kulturelle Unterschiede im eCommerce haben, schauen wir uns mal China und Deutschland an. Wenn Sie schon mal eine chinesische Webseite besucht haben, da fällt auf, dass die Seiten häufig sehr bunt sind, intensiv visuelle Effekte einsetzen und vergleichsweise viel Inhalt und Text haben. Das wirkt auf Europäer häufig eher desinformierend und chaotisch.
Im europäischen Kulturraum wird nämlich eher darauf geachtet, dass man Informationen komprimiert. Für Chinesen ist das aber eine völlig unakzeptable Ansprache, denn Chinesen wollen ungefilterte Informationen haben und sich selber eine Meinung bilden. Das ist eine völlig andere Vorgehensweise, als wir das in Europa erwarten. Das Gleiche gilt im Weiteren auch für das für das Farbverständnis. In Europa steht die Farbe Weiß für Unschuld und Sauberkeit, in China wird Weiß aber mit Trauer verbunden wird.
Bilder von Personen oder Landschaften und Texte sollten zur Zielgruppe passen
Wenn man Kunden auf dem afrikanischen Kontinent ansprechen möchte, dann funktioniert das am Besten, wenn man afrikanische Personen zeigt. Und das Gleiche gilt für alle anderen Kulturräume. In Dänemark gibt es mehr blonde Personen als in Italien. Das sollte man bei der Bildauswahl berücksichtigen. Auch sind in Süd-Korea koreanische Personen glaubhafter als europäische. Das gleiche gilt für Texte. Ist der Kulturraum nur „weit“ genug entfernt, dann sollte man eher neue Texte schreiben als bestehende zu übersetzen. Meine Inhalte müssen eine Relevanz für den jeweiligen Markt haben.
Aber auch Kleinigkeiten sind wichtig. Ich will dafür mal ein paar Beispiele nennen. Wenn ich einen prominenten Verweis eines Telefonsupports auf meiner Webseite habe, die Rufnummer aber eine deutsche Rufnummer ist, dann ist das für einen australischen Kunden nicht unbedingt interessant, weil er diese Nummer nur zu vermutlich hohen Kosten oder zu unpassenden Zeiten nutzen kann.
Die Referenzauswahl sollte wohlüberlegt sein
Darüber hinaus sollte man sich gut überlegen, welche eigene Referenz auf den Zielmarkt passt. Ist ein deutschen Mittelständler für Kunden in Südamerika wirklich relevant? Oder ist es nicht besser, wenn ich dort lokale Referenzen nenne, die für den lokalen Markt viel mehr Glaubwürdigkeit haben?
Zertifizierungen und Auszeichnungen sollten bei der Zielgruppe bekannt sein
Das gilt im übrigen auch für Zertifizierungen. Viele Zertifikat gelten nur regional und sind überregional gar nicht oder kaum bekannt. Was hilft Ihnen eine solche Zertifizierung, sofern sie im Zielmarkt unbekannt ist.
Namen und Adressenformate
Datenformate weisen ebenfalls regionale Unterschiede auf. Und damit meine ich nicht die Datentypen, wie z.B. Datumswerte oder Zahldarstellungen.
Auch Namen unterscheiden sich. Die Abfolge Vor- und Nachname gilt z.B. für den asiatischen Raum nicht, denn dort wird erst der Nachname und dann der Vorname genannt. In China ist es sogar üblich, den Nachnamen vor die Anrede zu stellen. Da wird es dann Müller Herr heißen und nicht Herr Müller. Berücksichtige ich das nicht, spreche ich meine Kunden falsch an.
Oder schauen wir als ein weiteres Beispiel nach Vietnam. Hier gibt es nur circa 300 verschiedene Familiennamen. Und deswegen passiert dort schnell, dass wenn Sie sie eigentlich siezen wollen, Sie die Person mit dem Vornamen ansprechen. Und wenn Sie duzen wollen, diese mit dem Familiennamen ansprechen.
Piktogramme und die Bildsprache müssen passen
Auch hier steckt der Teufel im Detail. Piktogramme sind nicht international standardisiert. Hier helfen Recherche nach im Zielmarkt üblichen Piktogrammen und Symbolen, um sicherzustellen das Ihre Zielgruppe Sie auch versteht.
Forschungsergebnisse nutzen
Wenn Sie sich genauer mit dem Thema der kulturellen Unterschiede beschäftigen möchten, möchte ich die Arbeit von Gerd Hofstätter empfehlen. Der hat sechs Dimensionen zur Definition kultureller Unterschiede entwickelt an Hand derer sich Unterschiede gut klassifizieren lassen.
Internationale Webadressen festlegen
Internationale Webanwendungen benötigen ein klares Adressschema, damit Ihre Kunden verstehen, wo sie hin müssen. Und hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten Ihre Webadressen aufzubauen.
Länderspezifische URLs
Eine Lösung besteht darin die Webangebote über landesspezifische URL erreichbar zu machen, wie zum Beispiel https://firma.nl als Adresse für die niederländischen Kunden. Das hat aber Eigenschaften, wenn in den Ländern mehrere Sprachen gesprochen werden. Wenn wir zum Beispiel die Schweiz nehmen, dann ist nicht klar, welche Sprache ich unter https://firma.ch erwarten kann. Das lässt sich lösen, wenn man die Sprache als Unterverzeichnis ergänzt, wie z.B. https://firma.ch/de. Das wäre dann die Adresse für das deutschsprachige Angebot für die Schweiz und https://firma.ch/fr die Adresse für die französische Variante.
Wenn ich mich für dieses Schema entscheide, dann muss ich eben auch sicherstellen, das der Firmenname als Adresse für jedes Zielland zur Verfügung steht. Darüber hinaus kommt erschwerend hinzu, dass ich keine international einheitlichen URLs habe. https://firma.de/Kategorie ist eben vom Aufbau nicht identisch mit https://firma.ch/de/Kategorie.
Länderspezifische Subdomains
Eine andere Variante stellen länderspezifische Subdomains dar. https://cn.firma.com wäre nach diesem Schema z.B. das chinesische Angebot. Das Verfahren löst aber nicht, wie Sie mit unterschiedlichen Sprachvarianten in den jeweiligen Ländern umgehen. Hier bieten sich die sogenannten ISO Kurzbezeichnung oder ISO Codes an. Das sind standardisierte Kürzel für Sprachen Länder Kombinationen. Ich möchte hier mal ein Beispiel nennen. de_ch steht für Schweizer Deutsch.
Länderspezifische URL Parameter
Eine weitere Variante sind sogenannte länderspezifische URL Parameter. Sie würden an die URL einen oder mehrere Parameter hängen, wie z.B. https://firma.com?LANGUAGE=Deutsch. Problematisch ist hier, dass das nicht unbedingt die suchmaschinenfreundlichste Art ist, wie man Inhalte strukturiert. In unserem B2BTalks-Podcast Suchmaschinenoptimierung für Entscheider im B2B eCommerce können Sie weitere wichtige Informationen zum Thema SEO sammeln.
hreflang Tag
In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf ein Metatag hinweisen, welches ziemlich wichtig ist. Das hreflang Tag. Über dieses Metatag teilen Sie der Suchmaschine mit, auf welchem landes- und sprachspezifischem Angebot sie sich gerade befindet.
Das ist insbesondere wichtig, da Sie ansonsten schnell ein sogenanntes dublicate content Problem bekommen. Das entsteht, wenn Sie identische Inhalte über unterschiedlich URLs anbieten. Die Suchmaschine vermutet dann, dass Sie versuchen mit Kopien Ihrer Inhalte die Treffermenge zu manipulieren. Durch das hreflang Tag können Sie Inhalte länder- und sprachspezifsch kennzeichnen, damit genau das nicht passiert.
Unser Blogbeitrag, SEO optimiert schreiben – Wie schafft man das?, gibt nützliche Hinweise für suchmaschinenoptimierte Texte.
Technische Besonderheiten und Entfernungen berücksichtigen
Als weiteren Punkt möchte ich auf technische Besonderheiten und die Entfernung zum Zielland als relevanten Eigenschaften hinweisen. Sie haben bestimmt schon mal von der Great Firewall in China gehört, die kontrolliert, was nach China rein und raus geht. Wenn Sie Chinesen erreichen möchten, sollten Sie erwägen Ihre Anwendung in China zu hosten, damit Sie von dieser Regelung nicht betroffen sind.
Das gleiche gilt für Entfernungen. Wenn Südamerikaner auf Ihren in Deutschland zwar sehr gut angebundenen Webserver zugreifen, bleibt die räumliche Entfernung als Problem präsent, denn die Daten müssen tatsächlich von Deutschland nach Südamerika fließen. Auch wenn das über Kabel sehr schnell geschieht, Entfernungen von z.B. 5000 Kilometer machen sich auch in den Ladezeiten bemerkbar.
Wenn man mal vom Sonderfall China mit der „Great Firewall“ absieht, reicht es hier allerdings, wenn man ein sogenanntes Content Delivery Network, kurz CDN, nutzt. CDN Systems sind Systeme, die automatisch Dateien weltweit verteilt vorhalten. In der Regel nutzt man das für größere Dateien, wie z.B. Bilder oder Videos. Der CDN Anbieter verfügt über weltweit verteilte Rechnersysteme und verteilt Ihre Daten automatisch so, das immer die aktuellste Daten weltweit zur Verfügung stehen. Durch eine geeignete Einbindung in die eigene Webseite, erkennt der CDN Anbieter welche Datei vom welchem Server er dem jeweiligen Besucher Ihrer Webseite anbietet.
Ein Besucher aus Japan lädt so alle größeren Dateien direkt von japanischen Server und ein Besucher aus Dänemark nutzt beim gleichen Zugriff Daten von europäischen Servern.
Zahlungsdienste
Ebenfalls zu berücksichtigen sind die bei Ihre Zielgruppe etablierten Zahlarten. Im B2B ist das zwar immer noch in den meisten Fällen die Zahlart Rechnung, aber auch hier setzen sich, vor allem im Neukundengeschäft, immer mehr auch digitale Zahlarten durch.
Leider ist es aber nicht so, das die in Deutschland bekannten Zahlarten auch international bekannt sind. Alipay taucht mittlerweile auch bei uns immer öfter auf, stammt aber aus China. Und in China gibt es noch viele weite Zahlarten, die wir hier in Europa nicht kennen. Vielleicht haben Sie ja schon mal davon gehört, das Chinese meistens per WeChat zahlen. Das ist eigentlich eine Chat Anwendung. Aber so weit müssen wir gar nicht gucken. In den Niederlanden gibt es die weitverbreitete Zahlart Ideal, die in Deutschland fast niemand kennt.
Qualitätssiegel
Zum Abschluss möchte ich noch auf Qualitätssiegel hinweisen, denn auch diese sind regional unterschiedlich bekannt. Nehmen wir z.B. das in Deutschland sehr bekannte Qualitätssiegel Trusted Shops. Das ist selbst in Europa nicht verbreitet. Je nachdem, welche Zielgruppe man erreichen möchte, sollte man sich im Vorfeld über die im jeweiligen Markt etablierten Qualitätsiegel informieren.
Fazit
Ich hoffe Sie nehmen mit, das das Thema Internationalisierung nicht unterschätzt werden sollte. Je nach Markt und Zielgruppe sollte man über ein hohes Maß an Expertise verfügen, um die Zielgruppen auch zu erreichen.